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Start2017-04-04T00:25:28+02:00

Ein Stern am Kräuterseitlinghimmel

Quiche ist foodish und heißt frei übersetzt: Packt euch doch einfach alles in den Auflauf was ihr wollt. Das lass ich mir nicht zweimal sagen und da ich nun schon seit Längerem in einer zärtlichen Liebschaft mit Pilzen bin, bette ich die schönen Kräuterseitlinge auf eine weiche Sahnedecke. Zucchinitaler sind auch mit im Spiel. Da die Liebe unstet ist und auch bei jedem anders, fühlt euch frei, die Zutaten zu variieren: andere Pilze, anderes Gemüse, Kräuter, Speck, Käse…

Kräuterseitlingquiche

mit Zucchini

 

 

Zucchini für Kraeuterseitlingquiche
Kraeuterseitlingquiche

für eine Form mit 26 cm Durchmesser

ZUTATEN:

für den Teig:

100 g Buchweizenmehl

100 g Dinkelmehl

1 Ei

120 g Butter

1/3 TL Salz

für den Belag:

200 g Creme Fraîche

200 g süße Sahne

2 Eier

1/2 Stück langer Pfeffer

1/3 TL Cumin (Kreuzkümmel)

1 TL Salz

1/3 TL Muskatblüte

1 mittelgroße Zucchini

4 mittelgroße, schön gewachsene Kräuterseitlinge

ca. 40 g Butter für die Pilze

ZUBEREITUNG:

Für den Teig die beiden Mehle gut miteinander mischen und auf ein Brett oder einen Tisch als Haufen geben, in die Mitte eine Mulde formen, das Ei hineingeben und auf dem Rand die Butter in Stückchen verteilen. Mit einem großen Messer die Zutaten vermischen und kleinhacken. Dann mit den Händen weiterarbeiten, bis ein geschmeidiger Teig entstanden ist. Mürbeteig sollte rasch gearbeitet werden, damit er nicht so warm wird von den Händen. Die Teigkugel in Folie wickeln und eine Stunde in den Kühlschrank legen.

Für den Belag Sahne und Creme Fraîche mischen. Die Eier dazutun und gut verschlagen.

Die Gewürze in einem Mörser miteinander verreiben und in die Sahnemischung rühren.

Den Ofen auf 180° C vorheizen.

Eine Quicheform/Springform/Tarteform (26 cm) mit Butter fetten. Den Teig ausrollen und die Form damit auslegen. Ich mache für den Rand eine Extrawurst, die ich platt rolle und an den Boden anknete.

Die Kräuterseitlinge wenn nötig putzen und seitlich in schöne Scheiben schneiden (pro Pilz vier Scheiben, wenn es so werden soll, wie auf dem Foto). Auf einem Teller die Pilzscheiben schon mal so auslegen, wie sie später auf die Quiche sollen. Pilzreste kleinschneiden und in die Sahnemischung geben.

Die Zucchini waschen und Strunk und Blütenansatz knapp abschneiden. In Scheiben schneiden (ca. einen 1/2 Zentimeter dick) und den Mürbeteigboden damit auslegen. Leicht andrücken. Mit der Sahnemischung begießen. Die Zucchinischeiben wandern nach einiger Zeit aufwärts,  – wenn sie vorher aber schön nebeneinander auf dem Boden waren, tun sie das geordnet.

Die Quiche für 30 Minuten im Ofen backen.

Ca. 40 g Butter schmelzen.

Die Quiche nach den 30 Minuten aus dem Ofen holen und die Pilze darauf anordnen. Mit geschmolzener Butter bestreichen und wieder in den Ofen stellen für weitere 20 Minuten.

Dazu schmeckt ein frischer grüner Salat. Lust auf eine leckere Vinaigrette? Die findet ihr hier.

Und wer mehr über die Pilzzucht wissen will, kann diesen Bericht lesen…

Kraeuterseitlingquiche
Von |Freitag, November 10, 2017|Kategorien: Hauptspeise, Vegetarisch|Schlagwörter: , , , , , , , , , |0 Kommentare

Edelpilze Teil 3: Maitake

Maitake

Das ist die Unterseite einer Maitake-„Tatze“. Wäre ich ein klitzekleiner Käfer, würde ich mich in diesem Labyrinth verirren. Dieser faszinierende Pilz wird seit 5000 Jahren in China und Japan hoch geschätzt und gegessen. Er ist Heilmittel und Speise gleichermaßen. Aber auch in unseren Wäldern ist er zwar selten aber doch zu finden. Der japanische Name Maitake (Tanzpilz) wird hier zum Klapperschwamm (Laubporling). Seit den 80igern wird er bei uns in Pilzfarmen kultiviert.

Noch mehr über den Klapperschwamm ist hier zu lesen und ein Bericht über den Offenbacher Pilzzüchter Mathias Kroll findet sich hier…

Maitake

Das folgende Rezept ist zwar mit Maitake wunderbar, aber es lässt sich auch mit anderen festfleischigen Pilzen zubereiten, wie zum Beispiel Kräuterseitlingen oder Steinpilzen. Meine sonst so geliebten Gewürze habe ich im Schrank gelassen, um die feinen Aromen des Pilzes nicht zu überdecken.

Maitake

in Kokosmilch mit Kartoffelbällchen

Maitakegericht
Kartoffelbaellchen
Kartoffelbaellchen

für vier Personen

ZUTATEN:

für die Kartoffelbällchen:

600 g gekochte Kartoffeln

200 g Frischkäse

Muskat

Pfeffer

Salz

80 g Mehl

2 Messerspitzen Ingwerpulver

1 großes Ei

1 Schluck Milch

Paniermehl oder mit dem Nudelholz zerdrückter Zwieback

frittierfähiges Öl, z. B. Kokosöl

für die Pilze:

400 g Maitake

(ersatzweise andere festfleischige Pilze, z.B. Steinpilze, Kräuterseitling)

1 große Zwiebel

ein Stückchen frischen Ingwer

1-2 Knoblauchzehen

etwas Öl oder Ghee

etwas restliches Mehl von der Kartoffelbällchenpanade

400 ml Kokosmilch

Salz

Pfeffer

ein Spritzer Zitronensaft

Kräuter nach Geschmack

ZUBEREITUNG:

Für die Kartoffelbällchen die gekochten Kartoffeln zerstampfen oder mit den Händen zerdrücken. Den Frischkäse, Pfeffer, Muskat und etwas Salz untermischen. Mit feuchten Händen etwa walnussgroße Bällchen formen.

Das Mehl mit dem Ingwerpulver in einem Suppenteller mischen. Das wird Station 1 für die Panade der Bällchen.

In einem weiteren Suppenteller das Ei mit einer Gabel verschlagen und ein wenig Milch dazu tun. Station 2 für die Bällchen.

In den dritten Teller kommt das Paniermehl bzw. die Zwiebackbrösel. Station 3.

Die Kartoffelbällchen durch die drei Stationen befördern und die Panade am Ende etwas andrücken. Öl erhitzen bis ein eingetauchter Holzlöffelstil einen Bläschenrand bekommt. Dann hat das Öl die richtige Temperatur.

Es ist übrigens keine Fritteuse notwendig. Es reicht, wenn in einem Topf oder einer Schmorpfanne die Bällchen zur Hälfte oder einem Drittel im Öl liegen. Wenn sie auf die Art ausgebacken werden, müssen sie natürlich gewendet werden.

Das Ausbacken in Öl geht rasch. Es soll kross werden. Nach dem Ausbacken auf einem Handtuch oder Küchenpapier ablegen, damit das überschüssige Fett aufgesogen wird.

Die Kartoffelbällchen lassen sich gut vorbereiten. Fertig paniert  und aus dem Kühlschrank können sie auch am folgenden Tag frittiert werden.

Den Maitakepilz in Stückchen zupfen. Öl oder Ghee erhitzen und die gewürfelte Zwiebel, den kleingeschnittenen Knoblauch und gehackten Ingwer darin andünsten. Nach kurzer Zeit den Pilz mit dazulegen und ein paar Minuten mitbraten. Mit etwas restlichem Mehl-Ingwer-Gemisch von der Panade abpudern und kurz weiter erhitzen. Die Menge des Mehls bestimmt die Dicke der Soße später. Zwei Teelöffel sollten genügen.

Die Kokosmilch angießen und alles zu einer cremigen Soße verrühren. Mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken.

Wer möchte, legt Kräuter dazu. Auf dem Foto ist es frischer Oregano. Petersilie oder Koriandergrün macht sich auch gut.

Die Erbse kann auch Gnocchi

Der Pate 3. Ein dunkler, schmaler Hausflur mit Blick von oben auf die Tür. Sie wird für Maria alias Sofia Coppola geöffnet, die vorsichtig und suchend das düstere Haus betritt. Sie will zu ihrem Cousin Vincent (Andy Garcia), der hier einen Club betreibt. Vincent geht mit ihr in die kleine Küche, in der er gerade Gnocchi vorbereitet. Er tritt zu ihr, sie sprechen leise und behutsam miteinander. Er umfasst sie von hinten, nimmt ihre Hand und führt sie über die kleinen Teigstücke, wälzt mit seiner Hand auf ihrer die Gnocchi unendlich langsam in Mehl und schnippt sie zur Seite. Die Bewegungen sind so langsam, das es vor Spannung knistert. Eine der erotischsten Filmmomente, die ich kenne. Ich hatte die Szene so in Erinnerung, dass die beiden eine Ewigkeit lang diese Gnocchi gemacht haben. Aber im Film dauert alles nur wenige Sekunden.

Gnocchi sind für mich diese sanfte und zärtliche Bewegung, die jedem einzelnen kleinen Teigstück gewidmet wird.

Erbsengnocchi

Erbsengnocchiteig

Normalerweise bestehen Gnocchi aus einer Mischung gekochter Kartoffeln und Mehl. Hier ersetzen Erbsen die Kartoffeln.

Erbsengnocchiteig
Erbsengnocchiteig

für vier Personen

ZUTATEN:

1 kg frische Erbsen (ersatzweise 400 g TK Erbsen)

1 TL Zucker

2 Eier

1 TL Salz

Pfeffer

Muskat

200 – 250 g Mehl

etwas Butter

Parmesan zum Bestreuen

ZUBEREITUNG:

Die Erbsen aus den Schoten puhlen. Das geht ganz einfach, wenn man an einer Seite den Stilansatz abknipst und den seitlichen Faden wie einen Reißverschluss abzieht. Den Zucker mit Wasser aufkochen und die Erbsen darin garkochen. Das dauert etwa eine viertel Stunde. Abgießen und die Erbsen mit dem Stabmixer fein pürieren.

Die zwei Eier mit einer Gabel verquirlen und mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen.

Das Erbsenpüree, die Eier und das Mehl miteinander verkneten. Dabei noch nicht das ganze Mehl nehmen, sondern sich nach und nach mit der Mehlmenge an die richtige Teigkonsistenz herantasten. Ich finde den Teig gut, wenn er noch recht weich ist…sagen wir Ohrläppchenkonsistenz.

Den Teig zu einer Kugel formen und abgedeckt ruhen lassen, damit das Mehl quellen kann.

Die Teigkugel in Portionen teilen und diese zu Strängen kneten und rollen. Mit einer Teigkarte oder einem Messer kleine Stückchen abtrennen und nochmal in Mehl wälzen, damit sie nicht aneinander kleben. (Vielleicht hilft ja noch jemand dabei…)

Wasser zum kochen bringen und großzügig salzen so wie bei Nudeln. Die Gnocchi darin kochen bis sie an die Oberfläche steigen. Das dauert nur wenige Minuten.

Butter schmelzen und die Gnocchi auf einem Teller damit überziehen. Mit Parmesan bestreuen.

Ich finde, das ist ein vollwertiges und sättigendes Gericht. Aber natürlich haben diese Gnocchi auch nichts dagegen, mit einem Pilzragout oder Fleisch kombiniert zu werden.

Erbsengnocchi
Von |Sonntag, Oktober 8, 2017|Kategorien: Herbst, Vegetarisch|Schlagwörter: , , , , , , |0 Kommentare

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talkfoodish 1. Geburtstag

HAPPY BIRTHDAY

talk foodish wird ein Jahr alt

Löffel

Ich freue mich auf ein weiteres Jahr.

Fotografieren, Rezepte entwickeln, Beziehungsarbeit mit geliebten Gemüse- und Obstsorten pflegen und neue Bekanntschaften machen. Feste veranstalten, wo sich Kraut und Rüben begegnen und über ungewöhnliche, gemeinsame Ideen fantasieren.

In dem kleinen schwarzen Topf auf dem Geburtstagsbild wurde schon meine Babybrei gekocht und der für meine Kinder. Jetzt ist er der Zauberkessel für talk foodish, oder wenigstens einer davon.

talk-foodish 1. Geburtstag
Von |Samstag, Oktober 7, 2017|Kategorien: Allgemein|0 Kommentare

Der Herbst ist nicht grau, es gibt ja Kürbis

Kürbisse sind Gestalten aus dem Märchenland. Verknorts, farbenprächtig, in ihrer Form manchmal wie ein opulentes Sitzkissen oder ein Turban. Winzig wie ein Apfel oder so groß, dass sie durch keine normale Tür mehr passen. Die kleinen spiraligen Halteärmchen sehen so filigran aus, aber wenn man sie berührt, sind sie stark wie Draht. Eigentlich sind Kürbisse Früchte. Hier gibt es einiges zu erfahren über sie.

Kürbissuppe

mit Mohn

Kuerbissuppe

Es gibt kaum etwas leichteres, als aus Kürbissen Suppe zu machen. Sie lassen sich so cremig pürieren und mit tausendundeins anderen Zutaten kombinieren. Es gibt unfassbar leckere Rezepte und auch langweilige. Die Latte hängt hoch und wenn hier noch ein Kürbissuppenrezept in die Welt geworfen wird, dann nur, weil ich Kürbissuppe liebe und ihr eine weitere leckere Variante abtrotzen will.

Entscheidet selbst.

Kuerbissuppe

für 4 – 6 Personen

ZUTATEN:

für die Suppe:

1 mittelgroßer Hokkaidokürbis (ca. 1,6 kg)

Butter, Ghee oder Öl

1/2 Vanilleschote

1 l Gemüse- oder Hühnerbrühe

3 EL Zitronensaft

1/2 TL mildes Chilipulver (z.B. Kashmiri-chili)

für die Mohnnocken:

30 g Mohn, ungemahlen (ca. 2 EL)

100 ml Sahne

etwas Salz

1 TL brauner Zucker

100 g Mascarpone (italienischer Doppelrahm-Frischkäse)

etwas geriebene Zitronenschale

ZUBEREITUNG:

Für die Mohnnocken den Mohn mit der Sahne in einem kleinen Topf aufkochen und zur Seite stellen. Den Mascarpone mit dem braunen Zucker, einer winzigen Prise Salz und etwas Zitronenschalenabrieb mit dem Mixer schlagen. Die abgekühlte Mohn-Sahne-Mischung dazu mixen. Kalt stellen.

Hokkaido kann mit der Schale gekocht werden. Deshalb den Kürbis erst waschen und dann mit einem starken Messer (ich nehme ein Brotmesser) halbieren. Einen Kürbis zu öffnen kann eine ziemlich brachiale Arbeit sein. Also, vorsichtig sein mit den Fingern. Die Kerne mit einem Löffel entfernen. Den Hokkaido in Würfel schneiden und mit etwas Butter, Ghee oder Öl anbraten. Er kann hier und da schon bräunlich werden, das gibt Geschmack.

Die Kürbiswürfel dann mit der heißen Brühe ablöschen. Eine halbe Vanilleschote aufschlitzen, auskratzen und das Mark und die Schote zum Kürbis geben. Alles zusammen kochen bis der Kürbis weich ist.

Die Vanilleschote entfernen und die Suppe fein pürieren. Mit dem Chilipulver, dem Zitronensaft und eventuell etwas Salz abschmecken. Hier kommen Aromen zusammen, die sehr sorgfältig abgestimmt werden müssen. Diese Zutaten also nach und nach zufügen und immer wieder probieren. Es soll weder das Vanillearoma, noch die Säure der Zitrone, die Brühe oder der Chili dominieren. Die Mengenangaben sind deshalb nur Richtwerte.

Zum Anrichten von der Mohnmischung mit Hilfe von zwei Teelöffeln Nocken abstechen und in die heiße Suppe geben.

Von |Sonntag, Oktober 1, 2017|Kategorien: Herbst, Suppen, Vegetarisch|Schlagwörter: , , , , , , , , , |0 Kommentare

Schätze in Offenbachs Untergrund

„Da gibt es uralte Gewölbekeller in Offenbach,

tief unter der Erde

und halb verfallen…“

Mit diesen Worten hat vor längerer Zeit mal jemand meine Fantasie in Fahrt gebracht und ich stellte mir vor, dass es viele, viele Meter unter meinen Füssen eine Parallelwelt gibt, deren bildhafte Vorstellung gespeist wurde aus Piranesis Carceri und den Behausungen der Orks aus Herr der Ringe. Als mir schließlich auch noch erzählt wurde, in einem dieser Gewölbe würde jemand Pilze züchten, die er dann auf dem Offenbacher Wochenmarkt verkauft, war die Lunte gelegt.

So weit weg von meiner Vorstellung war dann der „Pilzkeller“ von Mathias Kroll tatsächlich nicht, – nur freundlicher.

Pilzzucht, Mathias Kroll

Es gibt dort keine Orks, sondern äußerst schmackhafte Edelpilze und einen leidenschaftlichen Ziehvater. Die unerwünschtesten Wesen hier unten sind aus der Sicht eines Pilzezüchters nur gelegentliche Nacktschnecken und vielleicht Geister, – aber dazu später.

Pilzzucht, Kellerraum

Die Magie des Ortes ist dennoch spürbar. 100 Jahre alt sind die Gewölbe, die ursprünglich der Einlagerung von Eis dienten, das im Winter vom zugefrorenen Main hergeschafft und mit einem Flaschenzug 12 Meter durch einen Schacht in die Tiefe befördert wurde.

Mathias Kroll hat sich mittlerweile an die Temperatur von etwa 12 °C gewöhnt und wenn andere eine Jacke brauchen, reicht ihm ein T-shirt. Er rumpelt mit einem Wagen durch die Gänge, füllt die Regale mit neuen Pilzsubstratblöcken, transportiert Verbrauchtes ab und fährt Kisten mit geernteten Pilzen zum Schacht.

Pilzzucht Gewölbekeller
Pilzzucht Gewölbe
Pilzzucht Gewölbeschacht

Seit 2012 gibt es die Pilzzucht, aber zwischen Eiskeller und Pilzen erlebte das Gewölbe noch andere spannende Zeiten. Nach einer Nutzung als Apfelweinlager wurde der Ort in den 50iger Jahren erst zu einem Jazzkeller und später zum Beat-Club K51. Mitte der 90iger Jahre musste der Club offiziell aus Brandschutzgründen schließen. Es gibt aber auch die Geschichte eines Mannes, der zu Club-Zeiten hier erschossen worden sein soll, erzählt Mathias Kroll. Das ist ziemlich spooky und wenn er den Karren mit den frischen Pilzen mit lautem Getöse um die Ecke fährt, dann vielleicht auch, um böse Geister zu vertreiben.

Pilzzucht, Substrate

Den Pilzen macht das alles nichts aus. Sie wachsen gut gepflegt aus den Substratblöcken.

Pilzzucht, Substrate

Pilzsubstrate bestehen aus Sägemehl und manchmal etwas Getreide. Das Gemisch wird als Block verschweißt und bei hoher Temperatur sterilisiert. Dann wird mit einem Spieß das Pilzmyzel eingebracht.

In diesem Zustand bezieht Mathias Kroll seine Bio-Substrate von einem Händler und beginnt die Zucht in zunächst verschlossenen Beuteln. Nach einer Weile werden die Beutel aufgeschnitten und die Pilze wachsen Richtung Sauerstoff und Licht.

1 bis 4 Wochen dauert diese Wachstumsphase je nach Pilzsorte bis geerntet werden kann.

Pilzzucht, Substrate
Shiitake

Sieben Edelpilze wachsen im krollschen Untergrund in Offenbach.

Shiitake, Maitake, Shimeji, Nameko, Kräuterseitling, Samthaube und Friseepilz.

Der asiatische Speise- und Heilpilz Shiitake auf dem oberen Bild ist mittlerweile vielen bekannt. Andere asiatische Pilze wie Nameko und Shimeji sind sicher noch nicht so vertraut. Der deutsche Name Goldkäppchen für Nameko und Buchenpilz für Shimeji hilft, Berührungsängste zu überwinden. In China und Japan sind diese Pilze schon seit mehreren tausend Jahren als Heil- und Speisepilze bekannt.

Shiitake

Shiitake
Shiitake
Shiitake

Die Heilwirkung von Shiitake ist wissenschaftlich nachgewiesen. Der Pilz wirkt blutdruckregulierend, cholesterinsenkend und stärkt das Immunsystem. In Japan und China wird er gegen Entzündungen, Magenbeschwerden, Durchblutungsstörungen, Kopfschmerzen, Tinnitus und Schwindelgefühle eingesetzt. Sogar Tumorerkrankungen, Leberzirrhose und Arteriosklerose werden von seinen Wirkstoffen heilend beeinflusst.

Shiitake verbessert die Leberfunktion und wirkt allgemein aufbauend und stärkend bei Erschöpfungs- und Müdigkeitszuständen.

Shiitake

Doch bei all diesen wunderbaren Eigenschaften als Heilpilz ist er durch seine Umami-Eigenschaften ein geschmacklicher Überflieger. Umami ist als weitere Geschmacksrichtung zu süß, sauer, bitter und salzig anerkannt. Es bezeichnet einen Geschmack der mit fleischig herzhaft zu umschreiben ist.

Maitake (Klapperschwamm/Laubporling)

Maitake

Der in Asien als Delikatesse geltende Pilz senkt die Cholesterinwerte und wirkt der Einlagerung von Fett in die Körperzellen entgegen.

Mehr über diesen spannenden Pilz ist hier zu lesen.

Maitake in Kokosmilch mit Kartoffelbällchen

Maitakegericht
Maitake
Pilzzucht, Mathias Kroll

In der Mykotherapie (Therapie mit Pilzen) werden die Pilze auch in Pulverform in Kapseln als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen. Dadurch sind höhere Dosierungen möglich. Mathias Kroll trocknet einen Teil seiner Pilze in einem Umluftdörrschrank. Shiitake braucht zum schonenden Trocknen bei 30 °C  drei Tage. Danach werden die Trockenpilze pulverisiert und verkapselt.

Feinschmecker und Heilungssuchende finden also beide bei ihm echte Schätze. Ich selbst kenne die Vermischung von Heilung und Ernährung aus der ayurvedischen Ernährungslehre, in der diese Doppeleigenschaften der Lebensmittel und Gewürze besonders betont werden. Auch in unserem Kulturkreis sind die positiven Wirkungen vieler Kräuter und Gemüsesorten seit Jahrhunderten bekannt. Ich finde aber, dass immer weniger Menschen bewusst ist, dass die Nahrung in ihrem Körper nicht nur einen sättigenden Effekt hat und sich auf ein paar Vitamine und Mineralstoffe reduzieren lässt. Stattdessen werden Nahrung und Heilung bzw. Krankheit immer mehr getrennt gesehen.

Pilzzucht, Buchenpilz
Pilzzucht, Mathias Kroll

Weißer Buchenpilz (Bunapi-Shimeji)

Buchenpilze
Buchenpilze
Pilzzucht, Mathias Kroll
Pilzzucht, Buchenpilze
Buchenpilze
Buchenpilze

Kräuterseitling

Pilzzucht, Mathias Kroll
Pilzzucht, Kraeuterseitlinge ernten
Kraeuterseitling

Der Kräuterseitling (pleurotus eryngii) kommt aus Europa und wächst gerne als Schmarotzer auf den Wurzeln von Kräutern wie zum Beispiel Feld-Mannstreu. Daher hat er den Namen Kräuterseitling, und nicht, weil er etwa nach Kräutern schmeckt.

Man kennt diesen kalorienarmen Pilz auch unter dem Namen Königsausternpilz, denn er ist mit dem Austernpilz verwandt, der allerdings äußerlich völlig anders aussieht. Er gehört zur Familie der Seitlingsverwandten.

Seine steinpilzartige, feste Konsistent, die er auch beim Garen beibehält, macht ihn zu einem vielseitig einsetzbaren Speisepilz. Er ist in allen Teilen verwendbar und schmeckt fein aromatisch.

Alle Garmethoden sind möglich, auch Grillen. Ausserdem kann er roh gegessen werden.

Er it ballaststoffreich, enthält viel Eiweiß und Mineralstoffe sowie die Vitamine B1, B2, B3, B5, B7, C und D. Damit ist er eine wertvolle Nahrungsquelle für Veganer und Vegetarier.

Für die Zubereitung sollte man die Kräuterseitlinge nur mit einer Bürste oder einem Tuch putzen. Sie lassen sich im Kühlschrank bis zu 10 Tagen aufbewahren. Geputzt und geschnitten kann man diese Pilze auch bis zu 8 Monaten einfrieren. Wenn sie dann verwendet werden sollen, bitte nicht auftauen, sondern gefroren beim Kochen hinzufügen.

Kräuterseitlingrisotto

Kraeuterseitlingrisotto
Kraeuterseitlinge

Nameko (Goldköpfchen/japanisches Stockschwämmchen)

Goldköpfchen
Goldköpfchen

Dieser asiatischer Pilz ist eine echte Herausforderung für europäische Köche. Er ist überzogen von einer stärkeähnliche Schicht, die ihn untauglich zum Braten in der Pfanne macht. Die schleimigen Eigenschaften sind für unseren Geschmack ungewohnt. Der Pilz ist aber ein guter Soßenbinder und lässt sich gemeinsam mit anderen Pilzen zubereiten. In Japan wird Nameko in der Misosuppe gegessen, zu Soba (Buchweizennudeln) oder in Nahemono (Eintopf) gereicht.

Nameko ist der einzige Pilz im Pilzgewölbe von Mathias Kroll, der ein-zweimal am Tag mit Wasser abgespritzt werden muss.

Samthaube (Pioppino)

Samthaube

Samthauben oder Pioppino waren in Italien als Speisepilz schon im antiken Rom bekannt.

Der Pilz wächst in der Toskana als Holzzersetzer auf Pappeln, Ulmen und Holunder. Aber auch in Deutschland findet man Samthauben in den wärmeren Regionen der Weinanbaugebiete. Zunehmend wird dieser Edelpilz in Pilzzuchtbetrieben kultiviert.

Der Pioppino ist reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Kohlehydraten, aber kalorienarm. Außerdem produziert der Pilz ein besonderes extrazelluläres Enzym, was einzigartig ist.

Die Zubereitung ist unkompliziert. Man kann ihn braten, kochen und backen, wobei er auch nach dem Garen noch knackig bleibt. Er ist ebenfalls roh im Salat verwendbar.

Bei einer Kühlung von 2° – 4° ist der Pilz bis zu einer Woche nach der Ernte haltbar.

Samthauben mit Muskatnudeln und Petersiliensoße

Edelpilze mit Nudeln

Friseepilz (Igelstachelbart)

Friseepilz

Dies ist der Freak unter den Pilzen hier im Keller. Als ich ihn das erste mal sah, traute ich meinen Augen nicht. Und so wie das Gewölbe Bilder erzeugt für skurrile Katakomben-Fantasien, liefert der Friseepilz beim nahen Betrachten Kulissen für Ausflüge in eine imaginäre Unterwasserwelt oder einen fremden Planeten.

Friseepilz
Friseepilz
Friseepilz
Friseepilz
Friseepilz

Dieses bizarre Gebilde ist ein Pilz von hohem gesundheitlichen Wert. In der Chinesischen Medizin wird er seit vielen Jahrhunderten verwendet, um den Organismus zu harmonisieren. Er hilft gegen Beschwerden des Magen-Darm-Traktes und hat stimmungsaufhellende Eigenschaften. Auch dieser Pilz wird von Mathias Kroll zu Kapseln verarbeitet.

In der Küche lässt er sich braten, dünsten oder roh im Salat verarbeiten.

Friseepilz
Pilzzucht, Mathias Kroll und der Koch
Pilzpfanne

Der Koch Christian macht mit Mathias Offenbacher Pilzpfanne. Eine bessere Gelegenheit gibt es wohl nicht, den Stand auf dem Offenbacher Wochenmarkt zu besuchen und die Pilze zu probieren.

Samstags bis 14 Uhr, Wilhelmsplatz, Offenbach am Main.

http://kroll-pilze.de

Gewölbetreppe
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