Ausflug in den Barock

Kochbuch aus dem Barock

Friederike Luise Löffler war eine Köchin im süddeutschen Raum, die zur selben Zeit wie Goethe gelebt hat. Sie war unter dem Namen die Löfflerin bekannt und veröffentlichte 1791 ein Kochbuch mit dem Titel „Ökonomisches Kochbuch für Frauenzimmer“. Als ich auf einem Barockfest zwei Frauen in Kupferkesseln kochen sah und sie mit Fragen löcherte, holte eine von ihnen irgendwann dieses Buch aus dem Zelt. Es wurde in den 70igern vom Original nachgedruckt und ist antiquarisch noch leicht zu bekommen. Jetzt habe ich mein Eigenes und weil zwei Schälchen Johannisbeeren noch auf ihr Schicksal warteten, wurden sie zu barockem Gelee verarbeitet. Keine Gelatine, kein Pektin oder irgendein anderes Geliermittel. Die Frau Löffler machte das nur mit Johannisbeersaft, Wasser und Zucker….und das geliert auch.

In der zweiten Runde habe ich das Gelee mit Orangenschale, Kardamom und Ingwer verfeinert, – übrigens Zutaten, die auch damals schon bekannt waren.

Die Zeit ab 1770 wird eigentlich bereits dem Klassizismus zugeschrieben, der dem Barock folgte. Frau Löffler starb 1820. Ihr Buch war zu diesem Zeitpunkt in der 3. Auflage und sollte noch 35 weitere erleben.

Johannisbeergelee aus dem Barock

Johannisbeergelee

mit Orangenschale

rote Johannisbeeren
Johannisbeeren auspressen

ZUTATEN:

frische rote Johannisbeeren

Zucker

Wasser

Schale einer Bio-Orange

ein paar Kardamomkapseln

ein Stückchen Ingwer

ZUBEREITUNG:

Die Johannisbeeren werden von den Stilen gezupft. Ich mache das mit den Zinken einer Gabel. Dann werden die Beeren zerdrückt und über Nacht stehen gelassen. Ich habe sie lieber in den Kühlschrank getan, damit keine Gärprozesse in Gang kommen. Am nächsten Tag werden sie durch ein Tuch gepresst und der Saft gemessen. Auf einen halben Liter Saft rechnet man 500 g Zucker.

500 g Zucker werden mit einem viertel Liter Wasser aufgekocht und weiter bei mittlerer Hitze „nach langer Fäden Art geläutert“. Der Zuckersirup soll sich von einem Esslöffel „lang herab spinnen“. Ich habe gemerkt, dass es Geduld braucht, bis der Zuckersirup in diesem Zustand ist.

Jetzt wird der Johannisbeersaft dazu gegossen und aufgekocht. Achtung: der Topf sollte groß genug sein, denn es schäumt nun alles hoch. Der Schaum wird stetig abgeschöpft. Für mich ist das eine der schönsten Kindheitserinnerungen, dieser Schaum vom Marmelade- und Geleekochen. Das kam gleich aufs Brot.

Irgendwann entsteht kein Schaum mehr. Wenn ein Tropfen vom Gelee auf einem Teller recht stabil bleibt, ist es fertig. Das dauert mindestens eine halbe Stunde. In heiß ausgespülte Gläser füllen, die Gläser fest verschrauben und ein paar Minuten auf den Kopf stellen.

Für die Variante mit der Orange wird auf 1 Liter Johannisbeersaft eine halbe Bio-Orange gewaschen und dünn geschält. Die Schale dann in feine Streifen schneiden und mit 7 Kardamomkapseln und einem Stück Ingwer schon beim Läutern des Zuckers mit kochen. Bevor der Saft dazu kommt, den Kardamom und den Ingwer entfernen. Die Schale weiter mit kochen und auch später mit abfüllen.

Von |2020-02-03T12:20:39+01:00Freitag, August 4, 2017|Sommer, Süßes, Vegan, Vegetarisch|0 Kommentare

Flieder in der Flasche

Flieder

Es gibt eine Menge Blüten, die genießbar sind. Aber Duft und Geschmack ist nicht immer identisch. Beim Flieder ist das leider so. Den flüchtigen Fliederduft in einen Sirup zu bekommen ist gar nicht so einfach. Es ist ein sehr zartes Aroma. Beim Verarbeiten der Blüten kommt aber noch eine leicht bittere Geschmackskomponente dazu. Fliederblütensirup ist trotzdem toll und in meinem Rezept fange ich das Bittere mit karamelisiertem Zucker ab. Es gibt inzwischen einige Foodblogger, die fantastische Ideen zum Thema Fliederblütensirup haben. Im Fliederblütensirupschlaraffenland würde ich gerne alle probieren.

Fliederblütensirup

ZUTATEN:

1 große Fliederblütendolde

das hat bei mir 55 g Blüten ergeben

700 g Zucker

2 EL Zucker extra

1 l Wasser

eine halbe Zitrone

ZUBEREITUNG:

Die Blütendolde bei trockenem Wetter „ernten“ und vorsichtig ausschütteln. Die Blüten abzupfen. Den Zucker mit 1 l Wasser in einem Topf aufkochen bis die Flüssigkeit klar ist und etwa 15  Minuten zu Sirup einkochen.

2 EL Zucker mit etwas Wasser in einem kleinen Topf aufkochen und vorsichtig leicht anbräunen. Der Zucker ist jetzt karamelisiert. Vorsicht, die Zuckerlösung ist in diesem Zustand sehr heiß!

Den Karamelzucker in den Sirup einrühren und darin wieder auflösen. Achtung, hier kann es spritzen, also besser alles etwas auf Abstand halten. Abkühlen lassen.

Ein Weckglas mit heißem Wasser steriliesieren. Die Zitronenhälfte in Scheiben schneiden und mit den Blüten in das Glas geben. Ich verwende wenig Zitrone, damit der Geschmack sich nicht über das feine Fliederaroma legt. Das geht allerdings auf Kosten der Haltbarkeit. Wer will, kann also mehr Zitrone nehmen und somit den Sirup länger aufbewahren.

Die Fliederblüten und die Zitronenscheiben mit dem Sirup übergießen. 24 Stunden ziehen lassen, durch ein Sieb filtern und auf Flaschen ziehen. Kühl und dunkel lagern.

Der Fliederblütensirup schmeckt gut aufgegossen mit Mineralwasser, in einem Dessert oder auch im Tee.

Flieder
Von |2020-02-03T12:54:56+01:00Sonntag, Mai 14, 2017|Frühling, Getränke, Süßes, Vegan, Vegetarisch|0 Kommentare

Lievito Madre

Lievito Madre

Gute Zeiten für die Katze. Sie teilt sich jetzt die Heizung mit unserem neuen Familienmitglied:

Lievito madre.

Die Heizung bietet zwar nicht mehr soviel Platz wie früher, aber dafür ist sie deutlich wärmer gestellt also sonst, denn das Baby braucht es warm.

Lievito madre bedeutet Mutterhefe und ist ein Natursauerteig, dessen abenteuerliche Geschichte von Claudio auf seinem Blog  Anonyme Köche  erzählt wird. Da ihm der ganze Verdienst gebührt warum ich jetzt Brot backe, welches viele viele Stunden liebevoller Betreuung braucht und ein Besuch seiner Seite ohnehin lohnt, verweise ich hiermit einfach auf ihn. Er ist gewissermaßen meine Mutterhefe oder in diesem Fall wohl lievito padre.

Eine Woche brauchte die Entwicklung der Hefe aus einem sehr reifen Apfel. Alle Geruchssinne waren gefordert gute Aromen von schlechten zu unterscheiden, und ich sage euch, es gibt nicht viel, was so riecht wie das. Vergoren aber nicht vergammelt, erdig aber nicht dreckig. Ich hatte das Gefühl einem Urgeruch zu begegnen, dem das Wort natursauer seine unverfälschte Ehre erweist.

Als ich es wagte und nach einer Woche schließlich mein erstes Brot damit ansetzte, saß ich nach ich glaube weiteren 16 Stunden endlich vor dem Backofen und war aufgeregt wie ein Teenie vor dem ersten Date. Vielleicht war es sogar noch schlimmer. Es ist wirklich nichts für schwache Nerven.

Brotteig

Das Ergebnis war ein wunderbar duftendes Brot mit einer knusprigen Kruste und weichem luftigem Inneren. Ich wusste vorher nicht, dass ich jemals so stolz auf Löcher sein könnte, aber so ein Brot ist tatsächlich da besonders interessant, wo kein Brot ist. Da hat die Mutterhefe geblubbert und gearbeitet.

Inzwischen bin ich bei meinem vierten Brot und alle sind irgendwie anders geworden. Jetzt wird experimentiert. Irgendwo im Hinterkopf dämmert mir, dass das Ganze ein Süchtigmacher ist.

Von Brot Nummer zwei und drei gibt es keine Fotos, weil sie zu schnell von Gästen aufgegessen wurden. Ja, … und als der Wochenendbesuch abreiste, ist ein Glas Lievito Madre Richtung Stuttgart mitgefahren.

Vielen Dank, Claudio.

Pane Pugliese
Pane Pugliese geschnitte
Pane Pugliese 2

Nachtrag vom 6. Februar 2017:

Mittlerweile ist das Brotbacken fester Bestandteil unseres Alltags. Alle möglichen Mehle werden in den Teig reingepackt und irgendwie kommt immer ein leckeres, sehr krustiges Brot dabei heraus. Der Teig wird schwerer mit Dinkelmehl und mit Vollkornmehl erhält man ein tolles Bauernbrot. Mit der Wassermenge bin ich inzwischen vorsichtiger und gebe sie, nachdem der Vorteig gegangen ist und alles zum ersten mal geknetet wird, nur nach und nach dazu. So langsam haben meine Hände ein Gefühl für die Griffigkeit des Teiges. Das Ankicken des Lievito Madre mache ich über Nacht. Weil sich der weitere Prozess am nächsten Tag dann über eine Weile hin zieht, werden jetzt die Kinder angelernt auch mal zu dehnen und zu falten. Das geht schon ganz gut. Wir essen das Brot eben alle gerne und backen es gemeinsam.

frisches Brot
Brotunterseite
Brotfruehstueck
Brot mit Würfelmuster

Nachtrag vom Oktober 2017:

Nachdem mir mein erster Sauerteig wegen grober Vernachlässigung dann doch kaputt gegangen ist, habe ich einen neuen Versuch gestartet. Wir haben im Spätsommer Wein angesetzt unter anderem aus Brombeeren. Weil die Maische so schön alkoholisch roch und ich in Trauer um den Sauerteig war, dachte ich mir, damit müsste es doch eigentlich auch gehen. In Anlehnung an die wunderbare Beschreibung von Claudio in seinem Blog Anonyme Köche habe ich daraus einen Sauerteigansatz gemacht. Siehe da. Es funktionierte super. Die Ergebnisse seht ihr hier.

Brot und Wein
weinsauerteigbrot
Weinsauerteigbrot
Von |2020-02-03T12:59:39+01:00Dienstag, Januar 24, 2017|Brot, Geniales von anderen Bloggern, Grundrezepte, Vegan, Vegetarisch|8 Kommentare
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