Am 31. Mai war ich bei Peter und Andrea Pätzold in der Wetterau. Ich weiss, das ist schon eine Weile her, aber in den letzten Monaten waren Familie und Jobs wichtiger. Der Imkerzyklus soll trotzdem zu Ende erzählt werden und auch mit diesem Post wird noch nicht das Ende erreicht sein.
Peter und Andrea haben seit 35 Jahren eine große Hofreite und sind seit 30 Jahren Imker mit allen Erfolgen, Rückschlägen und Überraschungen, die dieser Beruf so mit sich bringt. Peter fing mit traditioneller Imkerei an und inzwischen haben Andrea und er eine Bioimkerei, die nach wie vor mit neuen Überlegungen und Experimenten lebendig gehalten wird.
Diese Seite ihres Bienenschuppens, der irgendwo in der Wetterauer Landschaft steht, ist die bunte Geschichte ihrer Imkerlaufbahn und zeugt von den verschiedensten Versuchen und auch von den spielerischen Händen der mittlerweile erwachsenen Kinder.
Hier schlummert eine sicher ehemals bewohnte Korkvariante vor sich hin.
Auf der anderen Seite geht es dann schon richtig zur Sache. Seine Bienen seien recht friedlich, meint Peter, und er nähert sich ihnen ohne den typischen Imkeranzug. Mir gibt er aber einen Imkerhut mit Gesichtsschutz. Das ist eine echte Herausforderung damit zu fotografieren, doch ich kenne das ja schon von den Offenbacher Imkern.
Mein Besuch Ende Mai bei Peter und Andrea ist der Beginn der Honigernte. Bis zu 6 Wochen waren die Zargen mit dem Honigräumen auf den Beuten. Der Honigraum ist der oberste Kasten auf den Beuten (Bienenstöcken). Hier lagern die Arbeiterbienen den Nektar und die Pollen ein. Die Königin wird ausgesperrt, denn sie ist größer als die anderen Bienen und kann sich nicht durch das zwischengelegte Gitter zwängen. Also bleibt dieser Bereich frei von Brut.
Damit möglichst wenig Bienen im Honigraum sind wenn Peter ernten will, setzt er vorher eine Schleuse ein, die sogenannte Bienenflucht. Die Bienen können dann zwar noch raus, aber nicht mehr rein. Was sich später trotzdem in der Zarge tummelt, pustet er mit einem Gebläse ab. Mit dieser Methode muss er keine Wabe herausnehmen und abfegen, so wie das sonst üblich ist.
Peters Bus steht vollbeladen im Hof und er lädt die schweren Honigräume aus, die er an diesem Morgen an verschiedenen Orten eingesammelt hat. Für das Honigschleudern gibt es auf dem Hof einen eigenen Raum und Peter stapelt hier die vollen Zargen. Andrea und Peter haben etwa 100 Beuten, die bewirtschaftet werden und zu denen im Frühjahr noch 100 Ableger dazukommen. Die Beuten stehen an verschiedenen Standorten in der näheren Landschaft.
Die Honigernte an diesem Tag ist erst der Anfang und es liegt eine Menge Arbeit vor den beiden.
Die vollen Honigwaben werden in ihren Rahmen aus den Zargen gehoben und auf einen Ständer gelegt. Die einzelnen vollen Zellen wurden von den Bienen mit einer dünnen Wachsschicht verdeckelt, die Andrea mit einer speziellen Gabel abschabt.
Das Wachs wird aufgehoben und später eingeschmolzen, um neue Zwischenwände zu stanzen, die dann wieder mit Draht in die Holzrahmen eingelötet werden. Die Wachsschmelzerei lassen die beiden von einem darauf spezialisierten Betrieb machen. Es ist eine mühsame und zeitaufwendige Arbeit. Weil sich gerade im Wachs die Schadstoffe, Pestizide und so weiter einlagern und von dort aus in den Honig gelangen, muss die Wachsschmelzerei für die Bioimker der Region eigene Durchläufe fahren, vor denen die Maschinen penibel gereinigt werden müssen. Peter will nur sein eigenes Wachs zurückbekommen.
Das Biozertifikat ist für Andrea und Peter teuer und mit Umständen verbunden. Peter grinst und erklärt:
„Da war gerade ein Kontrolleur da, und dann kam noch mal eine Kontrolleurin, die den Kontrolleur kontrolliert hat. Wenn bei uns Bio drauf steht ist garantiert Brio drin.“
Die Kontrolleure müssen von den beiden selbst bezahlt werden.
Andrea schabt sorgfältig einen Honigwabenrahmen nach dem anderen frei. In manchen Waben sind Pollen eingelagert hier zu sehen als hellgelbe Zellen, die später auch im Honig sind.
Peter hängt die geöffneten Waben in die elektrische Schleuder, die erst langsam und schließlich immer schneller den Honig per Fliehkraft aus den Waben presst.
Der Honig wird an den Rand der Trommel gedrückt und fließt nach unten. Über einen Hahn läuft er dann zäh und klebrig in einen Eimer.
Es schwimmen noch ein paar Wachsreste und Verunreinigungen im Honig herum. Er wird deshalb durch ein Siebsystem in einen anderen Kessel gegossen.
Zwei feine Siebe liegen hier ineinander.
Danach steht der Honig 1 bis 2 Tage im Kessel. In dieser Zeit setzt sich an der Oberfläche eine Schicht aus kleinen Wachsresten ab, die Peter mit einem Spachtel abnimmt.
Zwischendrin nicht vergessen, den Hahn zuzudrehen, wenn der Eimer voll ist. Es wäre nicht das erste mal…
Jetzt kommt der Rührer in den Honig, der in Intervallen die Masse in Bewegung hält. Im Honig sind noch die winzigen kleinen Pollen, an denen der Zucker sich absetzt und kristallisiert. Der Rührer verhindert diese Klumpenbildung und rührt den Honig zu einer homogenen Masse.
Peter gibt etwas „Impfhonig“ dazu. Das ist Honig, der diesen Prozess bereits hinter sich hat und aus der letzten Charge abgenommen wurde. Er beschleunigt diesen Vorgang hier nun. Auch von diesem Honig wird später wieder ein Teil aufbewahrt als Impfhonig für den nächsten. So ein bisschen das Sauerteigprinzip.
Später bei meinem zweiten Besuch erfahre ich mehr über das Rühren. Die verschiedenen Blütenarten beeinflussen auch die Konsistenz des Honigs. Rapshonig ist cremig, was an der Zusammensetzung von Zuckerstoffen und Pollen im Honig liegt. Dieses Jahr und letztes Jahr war es allerdings so trocken, dass die Bienen nur Pollen und keinen Nektar in den Rapsblüten gefunden haben. Kein Nektar, kein Honig. Peter sagt, er hätte auch immer Ableger in die Linden gebracht. Aber der Honigraum blieb leer, weil die Blüten zu trocken waren.
Die Klimaänderungen haben große Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Honigs. Früher musste bei Sommerhonig schnell gearbeitet werden, denn er kandierte rasch und blieb nicht lange im Kessel. Mittlerweile braucht er viel länger bis er die gewünschte Konsistenz erreicht hat. Diese Veränderungen bringen die Kesselbelegung durcheinander. Der Honig bleibt lange flüssig und ist dann so wie der dunkle flüssige Honig aus dem mediterranen Raum. Die Trockenheit verringert auch die Erträge und neben dieser Erkenntnis erweckt es das beunruhigende Gefühl, dass sich insgesamt gerade vieles in der Natur ändert. Werden die Bienen damit klar kommen? Werden Peter und Andrea damit klarkommen?
Peter und Andrea sind nicht nur einfach Bioimker mit Zertifikat. Die beiden leben naturschonende Prinzipien in allen Bereichen. Im Garten von Andrea wohnt ins Kraut geschossener Mangold und andere Pflanzen, die über den Erntezeitraum hinaus sind, damit sie sich selbst wieder aussäen. Die kleinen Pflänzchen setzt sie dann um an eine andere Stelle im Garten, wo sie Platz haben. Gezähmte Wildnis nennt sie ihr Paradies. Marienkäfer fressen die Blattläuse und nebenan picken Hühner an einer Bienenwabe herum.
Es ist eine Wabe mit Drohnenbrut und wer die anderen Berichte über die Imkerei gelesen hat, weiß bereits, dass die Drohnen im Bienenvölkchen die männlichen Bienen sind und nur zur Begattung der Königin dienen. Sie sammeln keinen Nektar, sie bauen keine Waben. Trotzdem werden die Bienen extra dazu animiert, Drohnen zu „machen“, – mehr als sie selbst es würden, denn in deren Brutzellen nistet sich gerne die gefürchtete Varroamilbe ein. Dieser Parasit muss mittlerweile überall in der Imkerei bekämpft werden, denn die Milbe kann ganze Bienenvölker umbringen. Sie wurde irgendwann in den 70igern durch Bienenimporte von anderen Erdteilen eingeschleppt. Nun wird man sie nicht mehr los. Die Drohnenbrut beherbergt diese Milbeneier und wird im geeigneten Moment mitsamt der Milben vernichtet. Die Drohnen sind zu diesem Zeitpunkt schon Maden. Das geht Peter total gegen den Strich. Absichtlich Leben zu vernichten bereitet ihm Unbehagen. Die Drohnenbrut, auf der die Hühner hier herumhacken, ist ein Versehen. Er hatte vergessen, den Boden in einer Beute einzusetzen. In diesem Hohlraum haben die Bienen dann Drohnenbrut produziert. Er selbst provoziert in seiner Imkerpraxis keine Drohnenbrut und ist der Meinung, dass die Behauptung, die Varroamilbe niste sich dort vermehrt ein und ließe sich so gut beseitigen, nicht richtig ist.
Er zeigt mir Teile der Wabe, die auf einem Tisch herumliegen, und bricht sie auf. Wir finden gerade mal eine Milbe. „Das rechtfertigt nicht dieses Massaker“, sagt er. Die Auffassung, dass Dinge geopfert werden müssen, sei Old School, – ein überholter Opferglaube. Man glaubt, die Drohnen würden nur fressen und seien zu nichts gut und dann gibt es Mord und Totschlag.
In der Imkerei wird die Varroamilbe im Spätsommer zusätzlich noch mit Ameisensäure bekämpft. Das ist als Biomittel zugelassen und das benutzt auch Peter. Er hat Kärtchen, auf die die Säure aufgeräufelt wird.
Außerdem setzt er als Biomittel noch Oxalsäure ein. Peter verläßt sich allein auf diese Methoden und sagt, seine Völker seien gesund. Er müsse keine Drohnen züchten um sie dann zu töten. Und diese Mittel werden zusätzlich auch von Imkern eingesetzt, die mit der Drohnenvernichtung arbeiten.
In der klassischen Imkerei ist ein weiterer Grund für das Provozieren von Drohnenbrut die Auffassung, es dämme den Schwarmtrieb ein, also die Tendenz eines Bienenvolkes im Frühjahr eine neue Königin heran zu ziehen und sich als Volk zu teilen. Die alte Königin wandert dann mit einem Teil des Volkes aus, was der Imker verhindern will.
Auch hier arbeitet Peter anders. Er greift so wenig wie möglich in das Bienenwesen ein, schiebt keine Waben hin und her, hängt keine leeren Wabenrahmen ein und so weiter.
Er hat statt zwei Zargen wie es üblich ist nur eine Zarge für den Brutraum der Bienen. Peter rechnet mir vor, wieviele Zellen pro Wabenrähmchen bei 10 Rahmen in einer Zarge da sind, wieviele Eier die Königin pro Tag legt und dass immer schon wieder Zellen frei geworden sind durch ausgeschlüpfte Brut, in die die Königin neue Eier legen kann. Dieser Zyklus erfordere nur eine Zarge.
Er lässt seine Bienen also in Ruhe und begreift jeden Eingriff als Störung. In diesem kleinen Brutraum gibt es ein natürliches Gleichgewicht von Arbeiterinnenbrut und Drohnenbrut, die so nur einen kleinen Teil ausmacht.
Auch Peter will nicht, dass seine Bienenvölker schwärmen. Das abgewanderte Volk würde sich irgendwo im Umkreis an einem Ast oder Ähnlichem nieder lassen, während die Sucherbienen im Umkreis von 10 km nach einer neuen Bleibe suchen. Das Schwarmvolk geht bei diesem prekären Vorgang oft zu Grunde und ist auch für den Imker verloren, wenn er es nicht rechtzeitig einfangen kann.
Als Berufsimker muss Peter auf Ertrag achten. Nur eine junge Königin bringt gute Leistung und ein großes Volk. Bienenköniginnen werden 5 Jahre alt. Er möchte nur höchstens drei Jahre alte Königinnen haben. Die Jahrgänge werden markiert, das heißt die kleinen Königinnenbienentiere bekommen ein farbiges Plättchen auf den Rücken geklebt, jedes Jahr hat eine eigene Farbe. Für das Markieren muss die Königin im Bienenvolk gefunden, rausgefischt und vorübergehend in einen kleinen Käfig gesperrt werden. Peter macht das ohne Käfig mit den bloßen Fingern. Eine Königin, die dieses Jahr schlüpft, ist im nächstes Jahr besonders gut und legt viele Eier.
Peter beobachtet den Brutraum und schaut nach Weiselzellen, die die Schwarmlaune des Bienenvolkes anzeigen, denn sie sind so eine Art Probezellen für Königinnenbrut. Diese Weiselzellen einfach nur abzumachen bringt nix, sagt Peter, denn sie bewirken bereits eine Hormonumstellung und die alte Königin legt weniger Eier.
Er baut zu gegebener Zeit seine Beute, die aus einem Flugloch, einem Brutraum und einem Honigraum besteht, etwas um: Das alte Flugloch bleibt unten. Hier fliegen die Bienen weiterhin rein. Darüber kommt eine frische Zarge mit neuen unbebrüteten Wabenrähmchen, dadrauf ist der alte Honigraum. Dann kommt eine Absperrung und darüber ein neues Flugloch mit dem alten Brutraum und der alten Königin. Ihr Volk fliegt aber unten rein, denn es ist das angestammte Flugloch, und kommt nicht mehr zu ihr. Oben wird das Volk immer weniger. Unten finden die Bienen keine Königin vor und züchten sich eine neue junge Königin. Schließlich trägt Peter den unteren Teil mit der jungen Königin als Ableger an einen anderen Ort. Puh…ich hoffe, ich habe das alles richtig wiedergegeben. Klingt alles ziemlich kompliziert, aber das ist dann mal der Teil für die, die selbst Bienen haben. :)))
Peter probiert viel aus, schaut was passiert und ändert Methoden. In 30 Jahren geht dann auch mal was schief, aber insgesamt ist er zufrieden mit seinem Imkerstil.
Den Biohonig von Peter und Andrea Pätzold gibt es auf dem Offenbacher Wochenmarkt, wenn Peter im Brotwagen von Mulinbäck sitzt. Aber die beiden verkaufen ihren Hong auch in verschiedenen Lebensmittelmärkten ihrer Heimatregion. Ausser Honig stellen sie auch Honigwein, also Met, her.
Wer sich für die beiden vorangegangenen Berichte über die Offenbacher Imker interessiert, findet sie hier:
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