Wenn die ersten Blüten aufpoppen, geht’s los. Die Honigbienen haben in ihrem Bienenstock überwintert und sind jetzt, wenn es langsam warm wird, unterwegs um Pollen und Nektar zu sammeln. Die Saison startet mit der Kirschblüte.

Honigbienen leben in einem kompliziert aufgebauten Bienenstaat und sind aus verschiedenen Gründen gefährdet. Auch Hummeln sind Bienen. Sie leben nur im Sommer in einem Staat, während die Honigbienen immer in einem Volk leben.

So, – das ist erstmal alles was ich weiß. Nicht wirklich viel zum Angeben.

Aber ich habe in Offenbach die Bekanntschaft von Hobbyimkern gemacht und darf dabei sein, – beim Imkern, beim Bienenvolk pflegen, beim Honigmachen. Die Imker haben ihre sogenannten Beuten auf einem Offenbacher Friedhof. Dort gibt es reichlich Blüten und die Bienen werden unbehelligt gelassen.

Am 30. März geht’s los für eine erste Durchsicht. Ich treffe mich mit Andreas an einem kleinen Häuschen, das den Imkern als Domizil für ihre Sachen dient, und wir stapften kurze Zeit später in Imkerkluft und einem Wägelchen an den Friedhofsgräbern vorbei zu der kleinen Bienensiedlung.

Die Magazine mit den Bienenvölkern bestehen aus mehreren Zargen. Die unteren beiden dienen den Bienen als Brutraum. In der oberen Zarge ist der Honigraum, der erst nach der Überwinterung aufgesetzt wird. Bei einem starken Volk kommt im Laufe der Saison noch ein weiterer Honigraum dazu.

Die Bienen würden hier eigentlich dasselbe machen, wie im Brutraum. Aber der Honigraum ist vom Brutnest durch ein Gitter getrennt, so dass die große Königin sich nicht durchzwängen kann. Keine Eier, keine Brut. Also wird oben nur Honig eingelagert von den fleißigen Arbeiterbienen. Später sind das dann die Waben, die ihnen so frech geklaut werden.

Der Rauch aus dem Smoker treibt die Bienen zurück, denn der Rauch signalisiert ihnen Feuer und Gefahr. Sie schlagen sich den Bauch, oder besser die „Honigblase“, mit Honig voll und sind weniger stechlustig.

Andreas macht Ende März erst einmal eine kleine Inspektion und schaut, ob alle gesund und munter sind. Er kippt dazu die einzelnen Zargen hoch und nimmt sie manchmal ab. In den Zargen sind Wabenrähmchen eingehängt, in die die Bienen ihre Zellen bauen. Sie finden in den Rahmen bereits Zwischenwände aus Wachs haben vor, die der Imker vorher „eingelötet“ hat. Die Bienen bauen Zellen für Pollen, für Honig, für die Brut der weiblichen Arbeiterbienen und für die Brut der männlichen Drohnen, welche aus unbefruchteten Eiern entstehen.

Andreas nennt seine Bienen liebevoll „Damen“. Es ist tatsächlich so was ähnliches wie ein Matriarchat. Die Bienen leben in einem Volk von bis zu 20 000 Bienen mit einer einzigen Königin. Jede Biene hat eine bestimmte Aufgabe und man spricht auch von einem Bienenvolk als ganzem Organismus, der im Gegensatz zu einer einzelnen Biene eine konstante Körpertemperatur hat. Es heißt dann „Bien“ oder „Bienenwesen“. Eine Biene alleine ist nicht überlebensfähig und das Volk selbst braucht aber auch die Arbeit jeder einzelnen Biene. Das Sammeln von Pollen und Nektar ist dabei nur ein Job von vielen. Die Arbeiterbienen und die Königin sind weiblich, nur die Drohnen sind männlich. Die Drohnen werden nur in geringer Zahl benötigt und dienen ausschließlich dem Begatten der Königin. Danach sind sie in einem Volk erstmal überflüssig.

Seit 2011 hat Andreas Bienen. Das Abenteuer fing mit einem Workshop im Offenbacher Imkerverein an. Während eines Jahres durfte er sein eigenes Bienenvolk betreuen. Jeden Sonntagmorgen hat er nach seinen Bienen geschaut und sie schließlich auf seine Terrasse verlegt. Nach einiger Zeit waren seine Bienen auf drei Völker angewachsen, er fand Linda und Hakan, die auch Lust auf’s Imkern hatten, und den Platz auf dem Friedhof. Mittlerweile haben die drei Hobbyimker 9 Beuten.

Andreas prüft, ob es frische Brut gibt und Zellen, in denen Eier abgelegt sind. Er nennt das Stifte. Die Zellen müssen also bestiftet sein. Er ruckelt die verklebten Wabenrahmen frei, nimmt hier und da eine heraus und prüft sorgfältig, was sich darin tut. Ich sehe mit meinem ungeübten Auge gar nichts, aber Andreas murmelt immer wieder: “Ah ja, gut, alles super, bestiftet, klarer Fall“. Die Königin legt also fleißig Eier und die Brut wird gepflegt. Erst später auf den Fotos entdecke ich die kleinen Dinger.

Auf diesen Bildern ist in der Mitte ihre Hoheit, die Königin, höchstpersönlich zu sehen. Sie ist größer und länglicher als die Arbeiterbienen. Die Stifte in den Zellen sind die frisch gelegten Eier und daneben liegen Larven in unterschiedlichen Stadien in einem Futtersaft. Später, wenn die Larven zu einer dicken Made gewachsen sind und die Zelle ganz ausfüllen, wird ihre Behausung oben verdeckelt und sie können sich verpuppen.

Andreas bemüht sich sehr, mir so viel wie möglich zu erzählen. Mir schwirrt schon bald der Kopf und es dämmert mir, das die ganze Sache komplexer ist, als ich dachte. Später leiht er mir ein Buch und ich lerne.

Die Durchsicht der Beuten ist fast fertig. Andreas versucht, die Völker so wenig wie möglich zu stören. Aber in der letzten Beute, die etwas mehr im Schatten steht als die anderen, gibt’s Stress. Es ist keine frische Brut zu sehen und die Bienen sind irgendwie aufgeregt. Dem Volk ist offensichtlich die Königin abhanden gekommen. Andreas muss sofort etwas tun, sonst wird das ohnehin etwas schwächliche Volk sterben.

Die Bienen bemerken den Verlust ihrer Königin durch ein ausgeklügeltes Kommunikationssystem. Die Königin wird von den Putzbienen geputzt. Die nehmen der Königin auch ihre Ausscheidungen ab und geben sie weiter an andere Bienen, bis sie schließlich aus dem Bienenstock entfernt werden. Durch die Weitergabe wissen die Bienen, dass eine Königin existiert.

Andreas nimmt aus einer der vorderen Beuten einen Rahmen mit ganz frischer Brut. In den Zellen sind Eier und frisch geschlüpfte kleine Larven. Er hängt diesen Rahmen dem gestressten Volk dazu und nimmt einen anderen dafür raus. Die Bienen sind in der Lage, aus einer normalen Arbeiterbienenlarve jetzt noch eine Königin zu basteln. Das passiert durch einen anderen Futtersaft, Die Brut bekommt von den Ammenbienen jetzt Gelee Royal, – den Königinnenfuttersaft. Bald werden mehrere Königinnen schlüpfen. Da eine Bienenkönigin eine Alleinherrscherin ist, wird die erste Königin, die das Licht der Welt erblickt, die anderen töten. Dann wird sie noch etwas gepeppelt von den Brutpflegebienen und macht schließlich bei schönem Wetter den (wahrscheinlich) einzigen Ausflug in ihrem Leben: Sie bricht auf zum Hochzeitsflug. Irgendwo abseits sammeln sich etwa 30 Drohnen, also männliche Bienen, die dann diese Königin begatten. Die Drohnen sterben nach der Begattung und die Königin fliegt mit gefülltem Samenbeutel in den Bienenstock zurück. Sie wird jetzt 4 – 5 Jahre leben, etwa 2000 Eier am Tag ablegen und ihr ganzes Leben nichts anderes mehr tun. Die Samen reichen dafür.

Andreas ist fertig und wir hoffen, dass das angeschlagenen Volk sich erholt und es ihm gelingt, eine neue Königin zu peppeln.