Gemüsebrühe

Der Sud, der heiße Aufguss, die Essenz, – das alles lebt in den Genen einer Gemüsebrühe. Sie ist die Grundlage für seelentröstende Suppen und feine Soßen. Aber für mich ist sie auch eine Art Sinnbild für das Kochen überhaupt und das Bemühen, Aromen einzufangen, um eine Basis zu schaffen für andere Zutaten.

Am Anfang war die Gemüsebrühe.

Dann kam der Brühwürfel.

Und heute sind viele Leute in echter Verlegenheit, wenn sie ohne Hilfsmittel eine Brühe kochen sollen. Aber das ist so einfach wie Tee kochen. Obwohl auch da ...

Gemüsebrühe

Gemüse in die Brühe

ZUTATEN:

ergibt ca. 1 l Brühe

1/4 Sellerieknolle

etwas Grün von der Sellerieknolle

1 Karotte

1 Stange Lauch

1 Zwiebel

4 Körner Piment

7 Körner schwarzer Pfeffer

2 Lorbeerblätter

1-2 TL Salz

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ZUBEREITUNG:

Sellerieknolle, Karotte und Lauch waschen und grob zerkleinern. Die Zwiebel mit Schale vierteln. Zusammen mit den Gewürzen in 1 1/2 l Wasser aufsetzen und zum Kochen bringen. Wenn das Gemüse am Anfang kurz in Öl angebraten wird, entstehen Röstaromen und es kommt Fett in die Brühe. Sie schmeckt dann kräftiger, aber auch, wie ich finde, nicht so nuanciert.

Die Hitze etwas zurück nehmen und nach etwa 90 Minuten den Topf vom Herd nehmen. Eine viertel Stunde stehen lassen und den Gemüsesud durch ein Sieb gießen. Das ausgekochte Gemüse hat seinen Geschmack an das Wasser abgegeben und wird weggeworfen. Das tut ein bisschen weh, ich weiß. In einer Flasche im Kühlschrank aufbewahrt hält sich die Brühe ein paar Tage. Portionsweise eingefroren kann man sich einen Vorrat herstellen für Tage, an denen wenig Zeit zum Kochen ist.

Dieses einfache Rezept lässt sich beliebig erweitern mit anderen Gemüse- und Gewürzsorten. Wie wär’s zum Beispiel mit etwas Ingwer in der Brühe, oder Chili, oder Thymian, oder Parmesanrinde, oder Weißkohl, Blumenkohl, Pastinaken……eine Tomate macht die Brühe dunkel und aromatisch.

Brühwürfel adé…yeah

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Gemüsebrühe in der Flasche

In den beiden alten Kochbüchern aus dem vorletzten Jahrhundert, die noch von meiner Urgroßmutter sind, ist die Herstellung von Gemüsebrühe noch nicht einmal genau beschrieben, so selbstverständlich war das Wissen darum wohl. Aber die Anfänge der Fertigwürze sind dort auch markiert.

Augusta Kochbuch oder gründliche Anweisung, einfache und feine Speisen zuzubereiten, unter besonderer Berücksichtigung der Fortschritte, die in der Chemie gemacht worden sind.

In diesem Kochbuch von ca. 1890 von Frau Dorothea Hohenstein findet bereits Liebigs Fleischextrakt Verwendung, das Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde. In den Rezepten für die Suppen werden andererseits aber auch Kochmethoden deutlich, die sich bis heute erheblich gewandelt haben. Es wurde viel Brot mit Brühe übergossen, mit Mehl eingedickt und mit Unmengen von Eiern hantiert.

Frau Kübler in Das Hauswesen schreibt über die Suppe:

Je nach ihrer Beschaffenheit und der Sorgfalt, mit der sie bereitet wird, läßt sich meistens auf den Charackter der Küche schließen, und daher erweckt sie bei Gästen leicht ein günstiges oder ungünstiges Vorurteil gegen die zu erwartene Mahlzeit…

Eierstichsuppe

nach Frau Kübler aus „Das Hauswesen“

Altes Kochbuch mit Eierschalen
Eierstich

ZUTATEN:

für 1 l Brühe,

zeitaufwendig

1 ganzes Ei

5 Eigelb

3 EL süße Sahne

3 EL kalte Brühe

Salz

Muskatnuss

1 Prise Zucker

1 l Gemüse- oder Fleischbrühe

ZUBEREITUNG:

Alle Zutaten miteinander verschlagen, durch ein Sieb passieren und in eine mit Butter ausgepinselte Form geben. Die Masse soll den Boden 1 – 2 cm hoch bedecken. Die Form in heißes Wasser stellen und zugedeckt im Wasserbad bei schwacher Hitze durchziehen lassen bis alles gestockt ist. Abkühlen lassen und stürzen. In Würfel schneiden oder mit Ausstechern ausstechen. In die Teller geben und mit heißer Brühe aufgießen.

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Eierstichsuppe

Gemüse und Kräuter spielen in beiden Büchern ein sehr bescheidene Rolle. Die „säuerliche Petersilie“ sollte sparsam verwendet werden. Eigentlich geht es um die tägliche Rindfleischration. Beide Bücher haben „Küchenzettel“ für jeden Tag des Jahres, bei Augusta sogar für die feine Küche und den Bürgertisch. Kleine Kostprobe:

Augusta, Küchenzettel für den 1. November:

Feine Leute essen: Braune Fleischsuppe mit verlorenen Eiern. Fisch-Kroquetten mit Sauce Tartar. Fünf-Minutenfleisch. Grünkohl, geröstete Kartoffeln, Hamburger Rauchfleisch. Gänsebraten, Maronen, Äpfelkompott. Gefüllte Tuten

Die Bürger begnügen sich mit Graupensuppe mit Gänseklein. Hammel-Kotelettes mit Farce, Weißkraut, Kartoffeln.

Frau Kübler empfielt:

Eingelaufene Suppe. Ochsenfleisch mit Selleriesalat. Winterkohl mit geräucherter warmer Ochsenzunge und ooooch, – keinen Nachtisch

Also gut, satt wird man da wohl schon.

Nockensuppe

nach Frau Kübler aus „Das Hauswesen“

Nockenteig
Nockensuppe

ZUTATEN:

ergibt Nocken für 1 l Brühe

zeitaufwendig

1/4 l Milch

30 g Butter

Salz

Muskatnuss

feines Mehl

2 ganze Eier

1 Eigelb

geriebener Parmesankäse

1 l Gemüse- oder Fleischbrühe

ZUBEREITUNG:

Die Milch mit der Butter, Salz und geriebener Muskatnuss aufkochen. Das gesiebte Mehl mit dem Schneebessen in die Milch  rühren bis sich ein weicher Teig ergibt. Unter Rühren bei geringer Hitze noch einige Minuten weiter kochen. Der Teig soll sich als Klumpen vom Topfboden lösen. Falls sich Knollen ergeben haben, muss alles durch ein Sieb gestrichen werden. Etwas abkühlen lassen und nach und nach die Eier und das Eigelb in den Teig arbeiten. Parmesan unterrühren. Mit zwei Teelöffeln einen länglichen kleinen Kloß abstechen und als Probe in kochendes Wasser geben. Falls die Masse zu fest ist, den Teig mit etwas süßer Sahne geschmeidig machen. Dann Nocken stechen und in siedendem Wasser kochen. Wenn sie an die Oberfläche steigen mit dem Schaumlöffel abschöpfen. In die heiße Brühe geben.

Augusta-Kochbuch
Lerchen

Ich erinnere mich an die Küche meiner Mutter, die zwar so kocht, dass es wirklich sehr gut schmeckt, aber die Küchengeister ihrer Mutter und Großmutter leben hier noch. Ein Festessen ohne Fleisch ist undenkbar.  Aber sie gehört auch zu der Generation, die leider von der Päckchen-, Tüten- und Dosenindustrie systematisch vom selber kochen zurückgedrängt wurde.

Die Zeitgeschichte fällt mir aus den alten Kochbüchern selbst in die Hände. Da ist noch eine handschriftliche Rezeptnotiz in Sytterlin über das Einlegen von Zuckergurken. Auf einer anderen Seite liegt ein Flugblatt vom Ende des zweiten Weltkriegs mit dem Aufruf zur Kapitulation. Ich frage mich, ob es einfach im Alltag als Lesezeichen benutzt wurde, oder ob es ein Bewusstsein dafür gab, dieses Flugblatt als Zeitdokument aufzuheben. Diese beiden Zettel ziehen mich tief zwischen die vergilbten Seiten. Kochen und das Durchbringen der Familie in schwierigen Zeiten fühlt sich anders an als unser Lifestyle-Kochen. Die üppigen Küchenzettel vom Augusta-Kochbuch und Frau Kübler dürften nach den zwei Weltkriegen etwas von Märchenerzählung gehabt haben. Im Augusta-Kochbuch sind viele Rezepte der jüdischen Küche beschrieben.

Es geht als nicht nur um Gemüsebrühe. Mit jedem Topf der auf dem Herd brodelt kocht auch Zeitgeschichte mit, private und kollektive. Auf jedem gefüllten Teller finde ich Erinnerungen und vermisse Vergessenes.

Von |2020-02-03T15:15:11+01:00Freitag, Oktober 21, 2016|Grundrezepte, Suppen|0 Kommentare

Geheimrat Dr. Oldenburg

Geheimrat Dr. Oldenburg

ist eine alte Apfelsorte. Sie wurde 1897 an der damaligen Höheren Lehranstalt für Obstbau in Geisenheim (Hessen) als Kreuzung zwischen den Sorten Minister von Hammerstein und Baumanns Renette gezüchtet. Oft wird der Apfel einfach nur Geheimrat Oldenburg oder schlicht Oldenburg genannt.

Der Apfel ist mittelgroß und rund. Er ist erst grün und wird auf der Sonnenseite bei der Reifung rot mit verwaschenen Streifen. Die Schale ist wachsig und dünn. Er wird im September gepflückt und kann bis in den Dezember hinein gegessen werden.

Das weiß-grünliche Fruchtfleisch ist fest, saftig und süß-säuerlich. Ab November wird er mürbe. Als Tafelapfel kann man ihn frisch essen, aber er lässt sich auch zu Saft verarbeiten, einkochen und backen.

Apfelkuchen

Apfelkuchen

mit Zimt

Von |2020-02-03T14:04:53+01:00Mittwoch, Oktober 12, 2016|Schlauer Kram|2 Kommentare

Gute Luise

Die Gute Luise von Avranches

eine alte Birnensorte aus Frankreich

1778 entdeckte Monsieur de Longueval in einem Garten im französischen Avranches zufällig einen kleinen Birnenbaumsämling. Er nannte die Sorte Bonne de Longueval und widmete sie seiner Frau Luise. Andere Namen sind Prinz von Württemberg, Französische Rousselet und William IV, aber in Deutschland ist diese Birne als „Gute Luise“ bekannt.

Ich widme den allerersten Beitrag in diesem Blog dieser Birne, die es vielleicht weiter flüstert an Luise mit der sie seit 250 Jahren verbandelt ist. Wenn ich eine Gute Luise auf dem Markt kaufe, steckt in dieser Birne nicht nur eine lange Geschichte, sondern sie ist auch Ausdruck für die sinnliche Verbindung zwischen dem Menschen und seiner Nahrung. Monsieur Longueval gab dieser Birne vielleicht alle guten Wünsche und Gefühle mit auf den Weg, die er auch für seine Frau hatte.

Die Gute Luise ist eine kleine bis mittelgroße grüne Tafelbirne mit festem süß-säuerlichem sehr aromatischem Fruchtfleisch. Auf der Sonnenseite ist sie gelblich-braunrot. Sie wird im September pflückreif geerntet und ist nach wenigen Tagen genussreif. Beim Einkauf darauf achten, dass der Stil noch an den Früchten ist.

Neben ihrer Eigenschaft als Tafelbirne, die frisch gegessen werden kann, eignet sich die Gute Luise auch als Dörr- oder Hutzelbirne und für Kompott.

Birnen reifen schneller, wenn sie mit Äpfeln zusammen liegen. Sie sind reich an Eisen, Kalium und Phosphor.

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Von |2020-02-03T14:07:44+01:00Freitag, Oktober 7, 2016|Schlauer Kram|2 Kommentare
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